by Karel Čapek
Kopiert von mdr.de, ich habe diese Lesung gehört.
Eine Welt, in der die Menschen von intelligenten Molchen verdrängt werden – das ist die Albtraum-Vision von Karel Čapek in seinem 1936 erschienenen Roman “Der Krieg mit den Molchen”. Wie aktuell ist die Dystopie heute?
Als der Schweizer Arzt und Naturforscher Johann Jakub Scheuchzer 1726 ein von ihm in der Nähe des Bodensee gefundenes Skelett der Wissenschaft zugänglich macht, interpretiert er das Fossil als Überrest eines in der Sintflut ertrunkenen Menschen. Die Entdeckung bringt ihm zwar einige Bekanntheit ein – mit der Deutung liegt er allerdings ziemlich daneben. Doch erst etliche Jahre später wird das Fossil als das erkannt, was es einmal war: ein Riesensalamander, der längst ausgestorben war. Die Wissenschaft gab ihm den Namen Andrias scheuchzeri.
Über 200 Jahre später wählt Karel Čapek die Molche als Parabelwesen für seinen utopisch-satirischen Roman “Der Krieg mit den Molchen”, denn “so besehen, besitzen unter all den lieben Tierchen gerade die Molche das historische Sonderrecht, als unser Ebenbild auf die Szene zu treten”, referiert er 1936 unter Verweis auf Johann Scheuchzer in einem Radiovortrag.
Damals steht Karel Čapek auf der Höhe seines Ruhms. Seine Werke werden an den internationalen Literaturbörsen hoch gehandelt und der Dichter selbst wird für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen. Auch als Regisseur und Dramaturg ist er eine Instanz und macht das Theater von Vinohrady berühmt. In seinem Theaterstück “R.U.R.” von 1920 hat er nebenbei den Begriff Roboter in die Welt gesetzt. 1925 wird er der erste Vorsitzende des tschechoslowakischen Pen-Clubs.
“Dies ist keine Utopie, sondern pure Gegenwart”
Nach dem Erscheinen seines Buches wehrt sich Čapek allerdings gegen den allgemeinen Befund der Kritik, sein Werk sei ein utopischer Roman. “Nein, dies ist keine Utopie, sondern pure Gegenwart”, argumentiert er in seinem Vortrag, “dies ist kein Spekulieren über die Zukunft, sondern ganz einfach die Widerspiegelung dessen, was es hier und heute gibt, und wo wir mitten drin stecken.”
Karel Čapek appelliert schon 1936 an seine Landsleute, der böhmischen Gemütlichkeit nicht allzu sehr zu vertrauen. Im Roman will niemand in Prag die drohende Gefahr wahrhaben – schließlich liegt Böhmen ja nicht am Meer und nur das scheint dem Untergang geweiht. Bis eines Tages ein Kopf mit zwei Froschaugen in der Moldau auftaucht.
Molche brauchen Platz und beanspruchen Land für sich
Literarisch geschickt beginnt die Katastrophe auch hier ganz harmlos und geradezu mit Abenteuerromantik: Kapitän J. van Toch, selbst aus Böhmen stammend, entdeckt auf einer Südsee-Insel wundersame Riesenmolche. Diese stellen sich schnell als ziemlich clever heraus und lassen sich zudem gern dressieren. Manager wittern alsbald ein Riesengeschäft, und die Molche werden als billige Arbeitskräfte verkauft und eingesetzt, um im Wasser neues Festland zu errichten. Doch die Molche drehen den Spieß um. Sie tragen nach und nach die Kontinente ab, um für sich selbst neuen Lebensraum zu schaffen. Der “Krieg mit den Molchen” beginnt.
Facts:
English title: War with the Newts
Original title: Válka s mloky
Published: 1936